Viele Branchen stehen unter Druck – Veränderungsdruck. Digitaler Wandel. Künstliche Intelligenz. Autonome Fertigung. Nur einige der aktuellen Schlagworte. Innovatoren wie Tesla bringen etablierte Unternehmen dabei in Zugzwang. Wie konnte es dazu kommen? Und gibt es Alternativen? An einem Unternehmer lässt sich das Dilemma der Alteingesessenen besonders gut festmachen.
The Game Changer
Wollte man der Veränderung einen menschlichen Namen verpassen, man müsste sie „Elon“ nennen. Kaum eine Figur der Gegenwart steht so für Wandel, Veränderung, Game-Changing wie der Südafrikaner aus Kalifornien. Nicht Obama, der zwar viel angeschoben, aber wenig vorangebracht hat. Nicht Papst Franziskus, der Wasser predigt, aber zusehen muss, wie sein verkommener Hofstaat sich weiter die fetten Bäuche mit Wein füllt. Und auch nicht der Verrückte aus Übersee, der versprach, den Sumpf auszutrocknen, sich aber wie ein Regenmacher unter Drogen gebärdet. Im Laufe seines Berufslebens wechselt Musk die Branchen häufiger als Liz Taylor ihre Ehemänner. Und setzt einige von ihnen mit wegweisenden Unternehmensgründungen nach dem David-vs.-Goliath-Prinzip mächtig unter Druck. Bekanntestes Beispiel: E-Mobilität – natürlich.
E-Kick in the Ass
Die Menschen (fast alle, außer dem Verrückten aus Übersee) dachten und denken: „Hilfe, der Klimawandel killt uns! Aber Elektroautos sind teuer und sehen scheiße aus.“ Elon sagt: „Cool down, folks“, und bringt den Tesla zur Serienreife. Okay, das mit dem Model 3 hat er ein bisschen verkackt. Aber er hat’s getan. Er hat etwas unternommen. Er ist ein wahrer Unternehmer. Und er hat damit der Mobilitätslobby – allen voran der deutschen – einen kräftigen Tritt in den plattgesessenen Hintern versetzt. Denn plötzlich ließen First Mover wie Architekten oder CEOs mittelständischer Unternehmen ihre Saab Turbo, E-Klassen und BMW 5er in der Garage stehen und glitten geräuschlos mit dem Model S beim Kunden vor. Natürlich basteln alle Autokonzerne seit Jahrzehnten in ihren Hightech- Entwicklungszentren an alternativen Antriebsarten wie E-Motor, Brennstoffzelle oder Hybrid. Aber sie haben sie nicht auf die Straße gebracht. Weil sie es nicht wollten. Weil sie mit ihren Verbrennern dem Markt mehr einheizen konnten. Dann kamen die strengeren Abgasvorschriften und gebaren den Diesel-Skandal. Aber zurück zu Elon Musk, dem Trend-Katalysator: Bereits 1995, er ist gerade mal 24 Jahre alt, erkennt er, dass Content King und ergo das Gold der Internetbranche ist. Er gründet ein Unternehmen, das Medien mit eben dieser Währung versorgt. Vier Jahre später macht er das Gold zu Geld und verkauft „Zip2“ für über 300 Millionen US-Dollar.
A Pal who Pays
Nur um direkt anschließend einer der Frontrunner des nächsten Megatrends der Dotcom-Industrie zu werden – des Ende der 1990er Jahre noch in den Kinderschuhen steckenden Online-Handels. Damals fragten sich die Konsumenten: „Wer garantiert mir eine sichere Bezahlungsabwicklung, wenn ich den neuen Harry Potter online bestelle?“ „Me, of course“, sagt Elon, „I’m your pay pal“ (zu Deutsch: Bezahlkumpel). Mit dem einfachen, schnellen und sicheren Bezahlsystem pinkelt er der übermächtigen Bankenlobby ans fein betuchte Bein. Die hätte vielleicht auch selber auf so was kommen können. Wollte sie aber nicht. Weil sich mit Visa, Amexco und Co mehr Wert schöpfen ließ (siehe Automobilbranche). Wert, der dann während der Bankenkrise 2008 im Fegefeuer der Eitelkeiten in Rauch aufging.
Fly Me to the Moon
Ein paar Superreiche sagten: „Fly me to the moon, let me play among the stars!“, Elon antwortet: „No problem, I’m your rocket man!“, gründet 2002 das Unternehmen „SpaceX“ und zeigt der NASA die lange Nase, indem er Raumflüge anbietet, die nur halb so viel kosten wie die der etablierten staatlichen Weltraumbehörde. Die muss nun möglicherweise öfter in die Sterne gucken, als ihnen entgegenzufliegen. Fast schon konservativ mutet da die Beteiligung am Unternehmen „SolarCity“ an, das 2006 von Musk mitgegründet wurde. Es konzipiert, vertreibt, installiert und betreibt Solarstromanlagen. Aber auch „SolarCity“ ist eine konsequente Investition in eine Zukunftstechnologie (auch wenn der Verrückte aus Übersee sein Heil weiterhin in Braunkohle, Fracking und Kernkraft sucht).
Frankenstein Junior?
Alle versuchen auf den KI-/AI-Zug aufzuspringen. Musk hat schon in der ersten Klasse Platz genommen. Dabei ist das Thema künstliche Intelligenz – also der Versuch, menschliche Entscheidungskriterien auf Maschinen zu übertragen – nicht neu. Bereits 1956 wurde es erstmals anlässlich eines Workshops in den USA aktenkundig. 2015 geht Musk mit „OpenAI“ an den Start, einer Non-Profit- Organisation, die sich mit der Entwicklung künstlicher Intelligenz nach dem Open-Source-Prinzip beschäftigt – „zum Wohle der Menschheit“. Mit dem 2016 gegründeten Unternehmen „Neuralink“ geht Musk noch einen Schritt weiter: Es befasst sich mit sogenannten Brain-Computer- Interfaces, also der Verbindung zwischen menschlichem Gehirn und einem Rechner. Manche mögen dabei an Frankenstein denken. Eines der Ziele von „Neuralink“ ist es tatsächlich, Erkrankungen des zentralen Nervensystems besser behandeln zu können. Als Proband würde sich eigentlich der Verrückte aus Übersee anbieten …
Down to Earth
Ist Elon Musk also der Messias der schönen neuen Welt? Ein Che Guevara des digitalen Wandels? Ein Christiano Ronaldo der ökonomischen Kreativität? Vielleicht hat er auch nur nach der Formel „gesunder Menschenverstand plus Mut plus Frechheit siegen“ gehandelt. Brechen wir das Ganze mal auf unsere eigene, vergleichsweise überschaubare B2B-Welt herunter. Am 21. Juni fand in Fürstenfeldbruck der diesjährige Tag der Industriekommunikation des Bundesverbands Industrie Kommunikation (bvik) statt. Mit durchaus bemerkenswerten Präsentationen, Keynotes und Vorträgen namhafter Experten aus Marketing, Forschung und Lehre. Das Motto: „B2B-Marketing der Zukunft: virtuell – künstlich – menschlich“. Die Themen (Auszug): „künstliche Intelligenz im Marketing“, „Chancen und Risiken von Virtual und Augmented Reality“, „Digital Mindset im HR-Bereich“, „Neuromarketing und digitaler Wandel“. Der Tenor: Der digitale Wandel ist unumkehrbar. Wer sich dagegen wehrt, lebt verkehrt und verschwindet vom Markt. Künstliche Intelligenz ist ein Gewinn – wenn sie nicht missbraucht wird. Menschliche Eigenschaften sind allerdings auch in Zukunft gefragt und können durch KI nicht kompensiert werden.
Tesla PayPal
SolarCity OpenAI Neuralink
FAZIT
Die Bereitschaft zu permanenter Veränderung ist ein absolutes Must, äh, Musk! Eine Tatsache, die viele etablierte Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen lange genug verschlafen oder schlichtweg ignoriert haben. Bei der Elektromobilität hat Musk früh die Zeichen der Zeit erkannt und als Erster den Blinker gesetzt, um auf die Überholspur auszuscheren. Daimler, BMW, VW und Co sind erst aufgewacht, als sie die Heckleuchten von Tesla am Horizont verschwinden sahen. Mit seinem Vorwärtsdrang hat Musk alte Zöpfe radikal abgeschnitten und neue Standards gesetzt. Standards, denen die anderen jetzt mühsam hinterherfahren, weil sie den Ballast der Verbrenner noch einige Jahre mittransportieren müssen – inklusive des Imageschadens durch diverse Skandale. Andererseits hat man sich auch nur halbherzig um Alternativen zum Elektroantrieb gekümmert. Aber vielleicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt, ein disruptives Brennstoffzellen-Mobil zu präsentieren – mit coolem Design zum volksfreundlichen Preis? Nur Mut!