"Ja, ich will hier arbeiten."

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08.12.2022

Drei Frauen, drei unterschiedliche Geschichten: Seit 2022 haben wir neue Kolleginnen, die ursprünglich nicht aus Deutschland kommen und bei uns die B2B-Welt näher kennenlernen. Anna Mironova aus Russland, Bruna Tonial aus Brasilien und Olena Horbunova aus der Ukraine. Doch wie ist es, in einem fremden Land zu arbeiten? Im Interview mit dem B2B Magazin sprachen sie mit uns darüber, was sie in Deutschland überrascht hat, welche Dinge sie aus ihrer Heimat vermissen und was die Arbeit in unserem Team so besonders macht.

Habt ihr schon einmal in der Werbebranche gearbeitet?

IH

Ich habe neben dem Studium schon zweieinhalb Jahre lang freiberuflich als Werbetexterin und Social-Media-Spezialistin gearbeitet und war auch einige Monate lang in einer ukrainischen Agentur tätig. Außerdem habe ich ein Studium in kreativer Werbung absolviert.

OH

Ich habe zehn Jahre lang im Bereich Online-Marketing gearbeitet.

AM

Ich habe Werbung und soziale Kommunikation studiert. Und ich habe bereits als Fotografin, als Video-Editorin und als Grafikdesignerin gearbeitet, aber es ist das erste Mal für mich, dass ich in einer Agentur tätig bin.

BT

Wenn du vorher als Fotografin gearbeitet hast, warum wolltest du nun das Agenturleben kennenlernen?

IH

Ich glaube, ich habe nach einer neuen Herausforderung gesucht, vielleicht ist Deutsch lernen nicht genug Herausforderung. (Lacht.)

BT

Ich glaube, ich habe mich für die Werbung entschieden, weil sie eine Mischung aus Business und Kunst ist.

OH

Also, ich bin vor zehn Jahren total zufällig in diese Branche gekommen. Eine Freundin von mir arbeitete bei Yandex, das ist wie russisches Google. Sie sagte, die nehmen da Leute ohne Erfahrung, und dann habe ich dort angefangen. Ich habe damals in der kontextbezogenen Werbung gearbeitet und erst nach fünf Jahren bin ich zu meiner Agentur gekommen.

AM

Und wie seid ihr dann auf RTS gekommen?

IH

Über die Omnicom-Website. Später bei meinem Vorstellungsgespräch in der Agentur stand ich draußen und war so nervös, dann betrat ich das RTS Büro und hatte sofort das Gefühl, dass ich hierhergehöre. Dann hat man mir von der Gammelkarte erzählt und von dem frischen Obst im Büro. Als sie mir dann noch die Hunde gezeigt haben, ist mein Herz geschmolzen und ich habe gesagt: Ja, ich will hier arbeiten.

OH

Also, ich wusste nichts über Obst und Gammelkarten. Ich habe Arbeit in der Nähe von Frankfurt gesucht, weil ich dort Freunde habe, konnte dort direkt aber nichts finden. Als ich dann auf diese Agentur gestoßen bin, sah dort alles irgendwie ganz bekannt aus. Nach dem Interview habe ich allen erzählt: Gefühlt habe ich die gleiche Agentur gefunden wie die in Russland, wo ich fünf Jahre gearbeitet habe, das hat einfach gepasst.

AM

Und ich habe die Agentur entdeckt, weil ich hier eigentlich einen Minijob als Reinigungskraft hatte. Ich habe hier drei Tage lang geputzt und am letzten Tag habe ich mich getraut, den Geschäftsführer Jörg anzusprechen und ihm meine Mappe zu zeigen. Ich hatte ein bisschen Bedenken, ihm die zu zeigen, weil ich früher digitale Collagen und Fotografien gemacht habe, ich war eher künstlerisch veranlagt und ein bisschen schüchtern. Ich wusste nicht, was man in Deutschland davon hält, denn in Brasilien war es okay, aber hier … Doch dann bei meinem Vorstellungsgespräch fand RTS die Mappe auch gut, sehr anders, voller Farben.

BT

Ich schreibe mir immer Ziele für das Jahr auf. Dieses Jahr war ein Ziel, einen Job in einer Agentur zu finden, der mir wirklich gefällt. Mir war wichtig, dass ich stolz auf das sein kann, was die Agentur tut. Und ich kann sagen, dass ich stolz darauf bin, bei RTS zu arbeiten, weil wir hier herausfordernde Projekte mit bekannten Unternehmen umsetzen. Und wenn ich hier arbeite, habe ich das Gefühl, Teil von etwas Großem zu sein.

OH

Ich hab mich für die Werbung entschieden, weil sie eine Mischung aus Business und Kunst ist.

Gab es etwas in der deutschen Arbeitswelt, das euch überrascht hat?

IH

Neben dem Urlaub, der hier auch mehr Tage umfasst als in meinem Land, denke ich: diese Flexibilität und dieses Vertrauen in uns. Wir müssen hier viel unabhängiger sein, das gibt uns eine Art Freiheit. Für kreative Menschen ist es sehr wichtig zu sehen, dass ihr Chef tatsächlich Vertrauen in ihre Arbeit und in ihre verrückten Ideen hat, und ich denke, das ist sehr cool.

BT

Ich habe schon früher für deutsche Firmen gearbeitet und ich wusste schon ein bisschen, was mich erwartet.

AM

Ich denke, die Arbeitskultur ist hier wirklich anders. Die Arbeit hier ist besser für die psychische Gesundheit, weil es so etwas wie eine Work-Life-Balance gibt. Ich kann nicht sagen, dass sie in der Ukraine superschlecht ist, aber ich glaube, die Arbeitskultur ist hier ein bisschen gesünder. Was mir auch gefällt, ist, dass man hier mehr Spielraum für Kreativität hat, weil die Budgets flexibler und größer sind.

OH

Was für mich anders war, ist, dass man hier wirklich Dinge umsetzen kann. Ich habe in einigen Unternehmen gearbeitet, in denen ich so viele Ideen einbrachte, und sie haben keine umgesetzt.

BT

Aber das ist alles nur, weil wir die richtige Agentur gefunden haben, das gibt’s bestimmt nicht überall in Deutschland. Und ja, Work-Life-Balance ist hier ein bisschen mehr verbreitet als bei uns. Und alles ist ein bisschen langsamer.

AM

Olena aus der Ukraine, seit acht Monaten in Deutschland, seit drei Monaten bei uns. Bruna aus Brasilien, seit einem Jahr und vier Monaten in Deutschland, seit vier Monaten bei uns. Anna aus Russland, seit einem Monat in Deutschland, seit einem Monat bei uns.

Habt ihr generell Kulturschocks erlebt?

IH

Deutsche Banken sind ein Schock, denn in der Ukraine kann man ein Bankkonto für einen Tag, sogar für 15 Minuten eröffnen. Lieferungen bekommt man im Gegensatz zu Deutschland innerhalb eines Tages. Und hier müssen wir 20 Minuten laufen, nur um ein paar Lebensmittel zu besorgen, in der Ukraine gibt es fast in jedem Häuserblock einen kleinen Supermarkt in der Nähe. Auch die Terminkultur: Man kann nirgendwo hingehen, ohne vorher einen Termin zu machen.

OH

Es ist richtig kompliziert, dass alles über Briefe und Anrufe geht. In Russland funktioniert alles online. Also Termine gibt’s auch, aber du bekommst sie online. Und Lieferungen und alles, das ist bei uns viel fortgeschrittener. Ich komme aus Moskau und bin auch gewöhnt, dass, wenn ich bestelle, mein Essen nach 15 Minuten da ist. Aber das ist natürlich nicht überall in Russland so. In kleineren Städten geht das nicht. Wenn ich versuche, Sachen hier online zu machen, geht das nicht, dann rufe ich an und wir klären das in drei Minuten. Aber das ist nicht schlimm, das ist einfach anders.

AM

Außerdem ist mir aufgefallen, dass die Leute hier die Post nutzen. In der Ukraine nutzen die Leute die Post nicht, außer für die Zustellung von Paketen, aber niemand schreibt Briefe. Und hier schaue ich jeden Tag in den Briefkasten, in der Ukraine habe ich das nie gemacht.

OH

Einige Briefe könnten auch einfach eine E-Mail sein, aber viele schreiben trotzdem Briefe. Sogar die Wahlzettel werden auf Papier gedruckt. Für mich ist auch anders, dass es so viele Meetings gibt. Ich glaube, die Deutschen lieben Meetings. Und eine persönliche Sache, die für mich anders und schockierend war, ist, dass ich die Einzige bin, die sich nach dem Mittagessen die Zähne putzt. Ich mache das, weil es in meiner Kultur sehr wichtig ist. Auch die Medizin ist anders in Deutschland, hier gibt es nicht so viel Präventivmedizin. In Brasilien sind Bluttests und Zahnreinigungen auch in der Krankenversicherung enthalten.

BT

Ich weiß nicht, ob das ein Plus oder ein Minus ist, aber ich glaube, in Deutschland ist die Digitalisierung noch nicht so weit fortgeschritten. In der Ukraine haben wir eine superpraktische App namens „Diia“, in der alle Dokumente in digitaler Form vorliegen. Ich habe also meinen Reisepass, einige meiner Nummern, wie z. B. die Steuernummer, alles in dieser App. Und die kann ich sogar auf einem ukrainischen Flughafen vorzeigen.

OH

Liebe Anna, Bruna und Olena, wir danken euch für das Gespräch.

IH
Autorin
Ida Hiller

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